Craft Beer in Südtirol
BIER ITALIEN MENSCHEN

„Es macht Spaß, den Leuten etwas Neues zu bieten.“

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Ein Interview mit Braumeister, Biersommelier und südtiroler Craftbier-Pionier Christian Pichler von Batzen Bräu in Bozen.

Vorwort: Dieses Interview habe ich mit Christian Pichler im Rahmen meiner Recherche zur südtiroler Bierkultur geführt. Hier findest du einen Artikel zum Thema Bier in Südtirol mit Tipps und Adressen für den Besuch vor Ort.

Christian, kommst du gebürtig aus Südtirol?
Ja ich bin ein echter Südtiroler. Ich wurde in Bozen geboren und wohne mit meiner Familie in Eppan an der Weinstraße.

Gibt es ein Bier, das typisch für Südtirol ist?
„Vienna“ (Vienna Lager) wurde schon früher in Südtirol gebraut, als die K&K Monarchie noch bestand. Aber auch Porter wurde bereits um die Jahrhundertwende von der „Vilpianer Brauerei“ der Gebrüder Schwarz hier gebraut. Südtirol hatte eine vielseitige Brautradition, die sich vor allem an Österreich und Bayern anlehnte.

Wie kamst du zum Brauen und was fasziniert dich daran?
Bier faszinierte mich schon als ich klein war, denn ich musste meinem Vater immer Bier aus dem Keller holen. So spitzbübisch wie ich war, öffnete ich ihm das Bier schon im Keller und konnte somit den ersten Schluck noch im Keller genießen. Schon damals trank ich gerne Bier.
Tatsächlich bekam ich dann die Chance durch meinen Schwiegervater Bobo Widmann (Besitzer der Batzen Bräu Brauerei) unsere Brauerei mit aufzubauen und von Anfang an zu betreuen: Ich ging sofort zum ersten Braupraktikum. Anschließend besuchte ich die Brauerschule in Wien und absolvierte die Meisterschule bei Doemens.

Was macht das Bierbrauen in Südtirol besonders?
Südtirol wird vor allem als Weinland gesehen und wahrgenommen. Dies stimmt aber nicht so ganz. Natürlich gibt es hier super Weine, aber auch das Bierbrauen hat in Südtirol eine lange Geschichte. Die Biervielfalt ging hier nach dem Krieg etwas verloren und war bis vor wenigen Jahren sehr begrenzt, daher macht es besonders viel Spaß den Leuten etwas Neues zu bieten.

Welche kreativen Freiheiten hast du denn beim Brauen?
Eigentlich alle. Es sollte halt schmecken.
Ich sag immer: „Da ich aus der Region stamme, habe ich einen Geschmack, der dem vieler Südtiroler ähnlich ist“. Das ist ein großer Vorteil für eine kleine Brauerei, die ihr Bier vorwiegend regional verkauft.

Welches Bier braust du am liebsten?
Am liebsten braue ich natürlich immer die neuen Kreationen, da es immer sehr spannend ist zu beobachten, wie sich das Bier vom Anfang bis zum Ende entwickelt und wie es später von den Kunden angenommen wird.

Auf welches deiner Biere bist du besonders stolz?
Eigentlich auf alle, denn jedes Bier ist immer etwas Besonderes und hat seinen ganz eigenen Charakter. Die preisgekrönten Biere haben natürlich einen besonderen Stellenwert. Wie unser „Dunkel“, mit dem wir schon mehrmals eine Medaille beim „European Beer Star“ gewonnen haben. Das zeigt, dass auch eine kleine Brauerei wie wir es sind, eine konstante Qualität produzieren kann.

Wie stehst du zur Craft-Beer-Entwicklung in Europa?
Diese Entwicklung finde ich super und sehr interessant. Bier wird einfach anders wahrgenommen und die Leute verstehen, dass Bier viel mehr kann, als nur den Durst zu löschen.
Ich persönlich verstehe unter Craft-Beer-Brauen Folgendes: Ich braue viele verschiedene Biere, die müssen nicht allen schmecken und können auch Ecken und Kanten haben. Wichtig ist, dass sie keine Fehler haben. Der Rest ist reine Geschmackssache. Kurz: Craft Beer ist Bier mit Charakter.

Welche Unterschiede siehst du in den Craft-Beer-Entwicklungen in Italien und Deutschland?
Italien ist mit der Craft-Beer-Entwicklung erst zum richtigen „Bierland“ geworden und es werden immer mehr Brauereien aus dem Boden gestampft. Dazu muss man sagen, dass es viele gute Brauereien gibt, aber leider auch viele schlechte.
In Deutschland hat man nach wie vor das beste Brauwissen und die beste Ausbildung; Dinge die in Italien sicher noch fehlen. Aber auch diesbezüglich entwickelt sich hier vieles zum Besseren. Italien hat zudem keine stark verwurzelte Biertradition, was auch Vorteile in sich birgt, denn die Brauer experimentieren hier mehr. Das Reinheitsgebot wird von vielen jungen, „wilden“ deutschen Brauern ja oft als Einschränkung empfunden. Das gibt es in Italien nicht. Wobei ich der Überzeugung bin, dass auch nach dem Reinheitsgebot gebraute Craftbiere sehr gut schmecken. Ein Brauer hat in Italien aber sicher die größere Spielwiese, um seine Kreativität auszuleben.

Orientierst du dich als Brauer in Südtirol eher an den deutschen und österreichischen Brautraditionen und -Bierszenen oder eher an Italien?
Mich interessiert jeder Bierstil und jede Brautradition. Wir machen einmal im Jahr eine große Bierreise in Länder wie zum Beispiel Deutschland, USA, England oder Belgien, wo sich das gesamte Team neu inspirieren lassen kann. Wenn mir ein Bier sehr gut schmeckt, dann braue ich dieses Bier auch in meiner Brauerei und probiere, es nach meinem Empfinden und Geschmack zu machen. Ich lasse mich von allem was schmeckt immer wieder neu inspirieren, was ich in meinem Beruf auch extrem wichtig finde.

Was war denn das ungewöhnlichste Bier, das du je gebraut hast?
Das war sicherlich das „Kranewitten“ mit Pfeffer, Salz und Wacholder. Es war mein erstes Bier mit solchen Zutaten. Zudem verwendete ich südtiroler Malz, was zur damaligen Zeit (2014) noch eine große Herausforderung darstellte. Das Malz war nicht so in den Normwerten wie man es als Braumeister von deutschem Malz gewohnt ist, daher habe ich ein spezielles Maischverfahren angewendet, um das Malz „kleinzukriegen“. Was die ganze Sache nicht leichter machte, war, dass ich auch noch Südtiroler Dinkel als Rohfrucht verwendete. Ich braue das Bier immer noch und es kommt sehr gut bei unseren Kunden an. Auch unser Barley Wine ist ein besonderes Bier, da ich ihn ein ganzes Jahr in Holzfässern reifen lasse und er danach noch in der Flasche für ein weiteres Jahr reifen darf.

Gibt es ein Bier, das du unbedingt mal brauen möchtest?
Ich möchte noch sehr viele Biere brauen und bin quasi immer auf der Suche nach dem perfekten Bier.
Zurzeit schwebt mir ein im Holzfass ausgebautes Imperial Stout vor, vielleicht mit etwas Schokolade und einem sehr hohen Alkoholgehalt. Ich habe so eins beim „European Beer Star“ getrunken und seitdem geht es mir nicht mehr aus dem Kopf.

Welche Biere sollte jeder Bierfan in Südtirol probieren?
Er sollte viele Biere probieren, da die Biervielfalt auch hier ziemlich groß ist. Vor allem aber sollte er offen sein für Neues. Unsere mittlerweile zwölf südtiroler Wirtshausbrauereien brauen allesamt gute Biere, die je nach Saison auch mit außergewöhnlichen Zutaten gebraut werden.

Christian, vielen Dank für das Interview!

Fotocredit: ©Batzen Bräu

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